Wir freuen uns sehr, die dritte Einzelausstellung von Sebastian Utzni (*1981 Augsburg, DE) in unserer Galerie zu präsentieren. Utzni ist ein Konzeptkünstler, der sowohl in der Populärkultur als auch in der Bildenden Kunst zuhause ist. Er beherrscht viele künstlerische Verfahren, die er je nach Thema einsetzt. In der aktuellen Schau führen vier Werkgruppen in vier verschiedenen Techniken in seine Bild- und Gedankenwelt.
The music is played by the, the mad men ist eine Zeile aus dem Song Forever Young der deutschen Band Alphaville aus den 1980er Jahren. In diesem Song wird auf die Vergänglichkeit des Lebens verwiesen, der Abwurf einer Atombombe im Kalten Krieg befürchtet, die Angst vor Tod und Ungewissheit beschrieben und gleichzeitig die Sehnsucht nach ewiger Jugend und Unsterblichkeit zum Ausdruck gebracht. Diese Bandbreite von Emotionen inspirierte Utzni, eine Song-Passage als Titel für seine Ausstellung zu wählen.
Im ersten Raum empfangen fünf Holzschnitte mit verblüffenden Farbverläufen und einer darauf gedruckten schwarzen Planzeichnung das Publikum. Dabei handelt es sich um die Werkgruppe Architecture of Power, die Grundrisse von Gebäuden der Macht rund um den Globus wiedergibt: das Weisse Haus, das chinesische Regierungsviertel, den saudischen Königspalast, den Sitz des russischen Präsidenten und den Sitz der Europäischen Kommission. Architektur hat die Fähigkeit, Machtverhältnisse in einer Gesellschaft widerzugeben und zu verstärken. Monumentale Bauwerke wie Paläste, Regierungsgebäude oder religiöse Stätten dienen nicht nur funktionalen Zwecken, sondern sind auch Ausdruck von politischer oder sozialer Autorität. Die regenbogenartigen Farbverläufe im Hintergrund, die an die Farben der Staatsflaggen angelehnt sind, lösen den autoritären Eindruck der Gebäudegrundrisse auf und bringen eine aktuelle Ästhetik zwischen Queer-Fahnen und kalifornischen Hippiezeiten ein.
Die Arbeit im zweiten Raum mit den goldenen Ballons heisst 1789. Die Ballone sind zufällig am Boden verteilt. Auf sie hat Utzni mittels Schablonen alle Sätze der Erklärung der Menschenrechte gesprayt, die anlässlich der französischen Revolution verfasst wurde. Die Sätze, die immer noch universell sind und als Basis für unsere Zivilisation gelten, sind präsent, aber irgendwie auch müde. Den Ballons ist die Luft ausgegangen und sie liegen wie nach einer Party herum. Weist ihre Erscheinung im übertragenen Sinne darauf hin, dass die Menschenrechte angeschlagen sind?
Die 12-teilige Gruppe von Malereien heisst How to Survive the Apocalypse. Sie verweist auf humorvolle, leichte Weise auf Ratgeberästhetik und ist irgendwo zwischen einem Instagram-Spruch und der Fischli/Weiss-Arbeit How to Work Better anzusiedeln. Utzni recherchierte, was im Falle eines Weltuntergangs empfohlen wird, und gelangte zu verschiedensten, oft überraschenden Antworten. Hier einige Beobachtungen, die er ins Bild setzte: In Comics überleben immer die Typen mit den dreirädrigen Motorrädern; eine britische Studie kommt zum Schluss, dass Neuseeland der sicherste Ort ist und natürlich weiss eine Soap Opera immer eine Lösung, wie man jeden Tag ein neues Drama überlebt.
Für die Serie von Radierungen namens Ghosts ist Utzni durch ganz Europa gereist, um auf Friedhöfen Wörter und Wünsche „einzusammeln“, die dann direkt als Radierungen umgesetzt wurden. Die Wünsche über den Tod hinaus, z.B. „Ruhe“ oder „Frieden“ reisen so geisterhaft in die Welt der Lebendigen. Man sieht und spürt die verschiedenen Steine, die Texturen und nimmt unterschiedliche typografische Kulturen war. Verbindend stellt sich die Frage, was wir uns über den Tod hinaus wünschen und was wir täglich leben.
Die Kunstwerke von Sebastian Utzni spiegeln unsere Zeiten der politischen Verrohung, der grossen Konflikte zwischen den Supermächten und der Unsicherheit der Menschen wider. Gleichzeitig gibt Sebastian Utzni in den Arbeiten dem Publikum subtile Handlungsanweisungen und beschwört den gesunden Menschenverstand. Dies geschieht, ohne je moralisch zu sein, sondern mit einem Augenzwinkern. Seine Ausstellung ist ein subtiles Kammerspiel von Bezügen und Anspielungen in verrückten Zeiten, in denen die Realität das fiktive Schauspiel abzulösen scheint.